Dienstag, 31. Juli 2012

Die Hütte brennt lichterloh !

Wie zu erfahren war, hatte unser Finanzminster Dr. Schäuble gestern in seinem Urlaub auf Sylt unerwartet kurzfristigen Besuch bekommen. Der US-Finanzminister Geithner hat mal kurz vorbei geschaut. Da dieses absolut ungewöhnlich ist und Geithner sicher nicht nur einmal kurz "Guten Tag" sagen wollte, scheint offensichtlich die Situation rund um den Euro erneut in eine extrem kritische Phase gekommen zu sein.
Nun kann man natürlich spekulieren, was dort besprochen wurde. In diversen Kommentaren werden auch entsprechende Vermutungen angestellt:

  • Deutschland will den Euro verlassen und Geithner musste dieses stoppen
  • Spanien benötigt unbedingt mehr Geld und Schäuble hatte dem spanischen Finanzminister, als dieser letzte Woche kurz bei Schäuble war,  mitgeteilt: "mir gäbet nix!".
  • Die Welt steht aufgrund der nicht mehr beherrschbaren Situation in den Finanzmärkten kurz vor einer weltweiten Währungsreform und die Vorgehensweise wurde besprochen

Meiner Meinung nach hat der Besuch Geithners mit den Punkten zwei und drei zu tun. Eventuell hat tatsächlich jemand in der Regierung oder der Bundesbank intern den deutschen Euro-Autritt ernsthaft ins Spiel gebracht. Das wäre auch das einzig Vernünftige. Allerdings ist Deutschland nach wie vor nicht souverän, wie Schäuble selbst bereits öffentlich gesagt hatte - 2+4-Verträge hin oder her. Von daher dürfte es für Deutschland unmöglich sein, ohne die Zustimmung der USA den Euro zu verlassen.

Bei dem Besuch des spanischen Finanzministers hiess erst ja zuerst, Schäuble hätte ihm 300 Milliarden Euro Hilfe aufdrängen wollen, damit Spanien nicht kippt. Der Spanier hätte aber aus Stolz abgelehnt. Später kam dann die umgekehrte Variante als Gerücht auf, die mir deutlich wahrscheinlicher erscheint. Demnach hat der Spanier um 300 Milliarden Euro Hilfe ersucht, da Spanien das Wasser bis zum Hals steht. Schäuble hat aber abgeleht, da der EFSF diese Mittel nicht mehr zur Verfügung hat und sie dann aus dem ESM kommen müssten. Letzterer wird aber frühestens im September in Kraft treten können. Also ist aktuell diese Summe über einen Rettunsgschirm nicht bereitstellbar.
Prompt hat dann ja auch Draghi Analysten erzählt, dass die EZB schon alles übernehmen wird. Der Eurokurs hatte darauf hin einen (kurzen) Freudensprung vollzogen. Ohne diese Ankündigung drohte der Euro zuvor aber unter $1,20 zu fallen, was eine nicht ungefährliche Grenze darstellt. Eigentlich ist das was Draghi erzählt hat hochgradig illegal, aber die beschlossenen Regeln und die europäischen Verträge interessieren ja mittlerweile sowieso keinen mehr wirklich.

Tatsache ist, dass Spanien kurz davor ist, den Griechen und Portugiesen nachzufolgen. Letzte Woche waren die Zinsen für kurzfristige spanische Staatsanleihen höher als diejenigen für langfristige. Das ist normalerweise ein deutliches Zeichen dafür, dass die übliche Geldbeschaffung für Spanien nicht mehr funktioniert. Die 7%-Grenze wird nun auch mehr oder weniger dauerhaft überschritten. Auf der anderen Seite zeigt sich, dass Spanien viel mehr Hilfe benötigen dürfte, als bisher bekannt. Immer mehr spanische Regionen sind pleite und 100 Milliarden für den Bankensektor sind nicht mehr als der berühmte Tropfen auf den heissen Stein. Dann kann mindestens noch eine Null drangehängt werden.

Wenn dieses nicht so schnell noch stärkere Folgen auf den Märkten auslösen soll, muss wohl sehr zeitnah ein neues und deutlich größeres finanzielles Pflaster darüber geklebt werden. Dieses wird zwar auch wieder nur sehr kurz halten, aber etwas anderes als diese Variante haben die Verantwortlichen nicht mehr in ihrem Lösungskorb.

Ach ja, dann war da ja auch noch Griechenland.... Vielleicht haben Geithner und Schäuble auch über den GREXIT gesprochen, denn hier kommen wir nun unabänderlich an eine Grenzlinie. Zum einen kann einem immer größeren Anteil der griechischen Bevölkerung nicht noch mehr weggenommen werden (natürlich gibt es dort nach wie vor auch eine Gruppe, der man sehr wohl eine finanzielle Schlankheitskur verordnen könnte, doch dieses passiert dort wie auch im Rest der Welt leider nicht). Auf der anderen Seite ist die Geduld bei den Gebern zuende, da seit zwei Jahren Milliarden von Euro im Nichts verschwunden sind.

Natürlich wird Obama gerne den Euro in unveränderter Form noch bis zu der Wahl im November erhalten wollen, denn ein Mega-Beben in den Märkten und katastrophale Auswirkungen auf die weltweite wirtschaftliche Entwicklung sind gewiss, allein wenn Griechenland den Euro verlässt.

Bis November ist allerdings eine sehr lange Zeit und es wird extrem schwierig werden, diesen Zeitraum noch zu überbrücken. Letztendlich wird man es am Ende des Tages wohl über einen unlimitierten Bailout durch die EZB versuchen. Die Folgen wären für den Euro zwar tödlich, aber sie kämen erst mit einer deutlichen Verzögerung zum Vorschein. Nicht umsonst kam gerade jetzt der Vorschlag, man könne doch den ESM direkt über die EZB mit Geld versorgen. Eigentlich kann man den ESM dann auch gleich ganz weglassen, aber nein, ich vergaß: den braucht man ja, um die Souveränität der Euroländer "alternativlos" einzukassieren.

Damit kommen wir zu Punkt drei der Möglichkeiten, über was Geithner und Schäuble gesprochen haben könnten. Der Euro und die daraus resultierende Fiskalunion ist nur eine Vorstufe zu einer weltweiten Fiskalunion nach einer weltweiten Währungsreform. Unter weltweit verstehe ich hierbei zumindest die westlich orientierten Staaten (EU, Commonwealth, USA, ev. Teile von Süd- und Mittelamerika, Japan, Süd-Korea).
Die europäische Fiskalunion ist übrigens seit 1989 geplant. Damals, als der Euro beschlossen und die Zustimmung Deutschlands dazu als Gegenleistung für die Wiedervereinigung abverlangt wurde, war die Fiskalunion bereits enthalten. Ein Schelm ist, der sich nun vielleicht denkt, dass die Konstruktionsfehler des Euro absichtlich eingebaut worden sein könnten...
Es gab bereits zumindest vor der Euroeinführung genügend Experten, die davor gewarnt hatten...

Wie Dr. Schäuble ja bereits mehrfach geäußert hatte, könnten durchaus nun Sachzwäge, welche aus der Eurokrise entstehen, unter Umständen dazu führen, dass man bei der Integration europäischen Union  überraschend schnell vorwärts kommt.
Für den nächsten Schritt einer weltweiten Fiskalunion mit einheitlicher Währung ist es aber noch viel zu früh, auch wenn das als Endziel bei gewissen Eliten in der Planung ist. Letzteres wissen sowohl Geithner als auch Schäuble mit Sicherheit und deshalb wird schon überlegt worden sein, wie man nun weiterhin die Kontrolle behalten kann.

Fassen wir einmal kurz zusammen:
  • Notfalltreffen Geithner - Schäuble
  • Spanien sinkt täglich in atemberaubender Geschwindigkeit tiefer in die Krise
  • Bei Griechenland fehlen auf allen Seiten weitere Möglichkeiten, die Dinge noch länger hinauszuzögern
  • Italien hat sich bereits angesteckt
  • Deutschlands Bonität wird auch immer lauter angezweifelt (PIMCO, Moody's, etc.); ausschliesslich hieran hängt aber die Eurorettung
  • Die weltweite Wirtschaftsentwickung befindet sich im Sturzflug; auch in China und Deutschland geht es deutlich sichtbar los.
Fazit: es brennt lichterloh !

Mal schauen, was der August so an "Überraschungen" bereithält.