Anne Will und ich will nicht mehr diese Platitüden über den ach so wichtigen Euro hören.
Gestern bin ich einmal wieder bei der Talkshow Anne Will "hängengeblieben", bei der es einmal wieder um die Eurokrise ging. Nicht dass ich mir dort irgendwelche neuen Informationen versprochen hätte, zumal auch niemand annähernd Kompetentes wie z.B. ein Prof. Hankel oder ein Dirk Müller dabei war. Es kamen aber wieder eine Reihe dieser "Argumente" der Euro-Befürworter, die ich jetzt einmal beleuchten möchte. Jeder, der diese Platitüden in einer Diskussion zu hören bekommt, kann dann entsprechend auf belegbaren Fakten basierend kontern. Ich würde das auch zu gerne einmal in einer solchen Talkshow machen, aber die Chancen dazu sind wohl eher gering - selbst Prof. Hankel wird kaum noch eingeladen, weil dann die Gegenseite argumentativ zu sehr in die Defensive gerät.
Gehen wir die typischen Aussagen der Befürworter doch einmal durch:
- Deutschland hat von dem Euro am meisten profitiert
Die drei führenden Exportländer seit 1982 (der Euro kam 2001, 1999 als Buchgeld)
Jahr | 1. | Platz | Mio. US$ 2. | Platz Mio. US$ | 3. | Platz Mio. US$ |
---|
1982 | USA | 216.442 | BR Deutschland | 176.424 | Japan | 138.385 |
1983 | USA | 205.639 | BR Deutschland | 169.417 | Japan | 146.965 |
1984 | USA | 223.976 | BR Deutschland | 171.735 | Japan | 169.700 |
1985 | USA | 218.815 | BR Deutschland | 183.933 | Japan | 177.164 |
1986 | BR Deutschland | 243.326 | USA | 227.158 | Japan | 210.757 |
1987 | BR Deutschland | 294.369 | USA | 254.122 | Japan | 231.286 |
1988 | BR Deutschland | 323.323 | USA | 322.427 | Japan | 264.856 |
1989 | USA | 363.812 | BR Deutschland | 341.231 | Japan | 273.932 |
1990 | Deutschland | 421.100 | USA | 393.592 | Japan | 287.581 |
1991 | USA | 421.730 | Deutschland | 402.843 | Japan | 314.786 |
1992 | USA | 448.163 | Deutschland | 430.042 | Japan | 339.885 |
1993 | USA | 464.773 | Deutschland | 380.096 | Japan | 362.244 |
1994 | USA | 512.627 | Deutschland | 426.935 | Japan | 397.005 |
1995 | USA | 584.743 | Deutschland | 523.461 | Japan | 443.116 |
1996 | USA | 625.073 | Deutschland | 524.649 | Japan | 410.901 |
1997 | USA | 689.182 | Deutschland | 512.891 | Japan | 420.957 |
1998 | USA | 682.138 | Deutschland | 543.752 | Japan | 387.927 |
1999 | USA | 695.797 | Deutschland | 543.539 | Japan | 417.610 |
2000 | USA | 781.918 | Deutschland | 551.810 | Japan | 479.249 |
2001 | USA | 729.100 | Deutschland | 571.645 | Japan | 403.496 |
2002 | USA | 693.103 | Deutschland | 615.831 | Japan | 416.726 |
2003 | Deutschland | 751.560 | USA | 724.771 | Japan | 471.817 |
2004 | Deutschland | 909.887 | USA | 814.875 | China | 593.326 |
2005 | Deutschland | 970.914 | USA | 901.082 | China | 761.953 |
2006 | Deutschland | 1.108.107 | USA | 1.025.967 | China | 968.978 |
2007 | Deutschland | 1.321.214 | China | 1.220.060 | USA | 1.148.199 |
2008 | Deutschland | 1.446.172 | China | 1.430.693 | USA | 1.287.442 |
2009 | China | 1.201.612 | Deutschland | 1.120.041 | USA | 1.056.043 |
2010 | China | 1.577.824 | USA | 1.278.263 | Deutschland | 1.258.924 |
2011 | China | 1.898.600 | USA | 1.480.646 | Deutschland | 1.473.889 |
Man kann schön ersehen, dass der Euro keinerlei Einfluss darauf hatte, dass Deutschland immer im Spitzentrio dabei war. Das geht übrigens bis 1953 zurück. Tatsächlich konnten wir uns zeitweise nach der Euroeinführung auch auf Platz 1 setzen, was aber nicht nur auf den Euro zurückzuführen ist.
Damit fällt aber auch gleich das nächste Argument der Euro-Gläubigen:
- Mit der D-Mark wären wir nicht mehr konkurrenzfähig
Deutschland spielt nicht im Billigsegment, die Stärke sind Produkte, welche sich durch Innovation und Qualität auszeichnen, technisch immer in Führung liegend. Insbesondere im Investitionsgüterbereich bezahlen die Kunden gerne einen höheren Preis, wenn Sie durch die besseren Produkteigenschaften höhere Umsätze und Gewinne für ihr Geschäft erzielen. Das war in der Vergangenheit nachweislich so und wird auch wieder so sein. Ein gutes Beispiel, an dem man auch ersehen kann, dass der Preis bei bestimmten Produktkategorien nur eine untergeordnete Rolle spielt, ist die Firma Apple. Obwohl die Produkte im Hochpreissegment liegen, sind die Absatzzahlen schwindelerregend und Apple ist das erfolgreichste Unternehmen weit und breit.
Sollte eine aufgewertete zukünftige D-Mark ein Produkt verteuern, gibt es zusätzlich noch den abmildernden Effekt, dass sich zur Herstellung benötigte Rohstoffe und Komponenten sowie die Energie verbilligen, sofern diese importiert werden. Letzeres ist aber heute in vielen Bereichen noch stärker der Fall, als in der Zeit vor der Euro-Einführung. Von daher wird man sich sicher anstrengen müssen, weiterhin führende Produkte zu liefern, aber dann sollte der Export auch weiterhin sehr erfolgreich bleiben. Eine kleine Delle ist natürlich nicht auszuschliessen, diese wird dann größer werden, wenn es in der Welt immer weniger Käufer gibt, die sich aufgrund der Schuldenproblematik und Rezession weltweit überhaupt noch etwas leisten können. Das hat aber nichts mit Euro oder D-Mark zu tun.
- Durch den Euro hat Deutschland besonders viel innerhalb Europa absetzen können
Stellen Sie sich vor, neben Ihnen macht ein Bäcker auf und Sie kaufen ihm jeden Morgen zehn Brötchen ab und lassen es anschreiben. Hunderte anderer Menschen machen es ebenso. Jeden Abend ist der Bäcker ausverkauft, also muss er doch sehr erfolgreich sein, oder ?
Natürlich hilft ihm das wenig, alle Produkte immer "verkauft" zu haben, wenn er dafür nur wertloses Papier in Form von Schuldscheinen hat. Während das bei einem Bäcker sehr schnell offensichtlich wird, ist das bei den europäischen Volkswirtschaften durch das Target-2 System deutlich verdeckter. Auch erhält der Hersteller des Produkts sein Geld und ist glücklich. Bezahlt wurde es aber letztendlich von der deutschen Bundesbank, die nun eine entsprechende Forderung gegen die EZB hat, diese wiederum gegen die jeweilige Zentralbank des Käuferlandes. Diese Forderungen der Bundesbank haben sich mittlerweile auf über 700 Milliarden Euro aufgeschichtet; am Ende des Tages haben die meisten europäischen Käufer bei Deutschland "anschreiben" lassen.
Glauben Sie wirklich, wir sehen das Geld jemals wieder ? Am Ende des Tages haben wir einen Großteil unserer Exporterfolge in Europa selbst bezahlt.
- Der Euro garantiert den Frieden in Europa, ohne ihn kann es wieder Krieg geben
- Der Euro hat uns niedrige Inflationsraten gebracht
- Ein Ausstieg aus dem Euro würde XXX Milliarden Euro kosten, die Welt untergehen lassen, etc.
Die "Lösung" durch eine Vergemeinschaftung der Schulden noch weitere machen zu können, bringt bestenfalls noch ein wenig mehr Zeit. Da aber nun auch Deutschlands Kreditwürdigkeit unter Druck kommt, wird wohl nicht einmal das noch lange weiterhelfen. Die Alternative ist dann der ungeordnete Crash des Euro.
Wenn man ein totes Pferd reitet, sollte man absteigen !
Um es einmal ganz klar zu sagen: der Euro ist nicht das Problem unseres Finanzsystems, es ist die weltweite Verschuldung aufgrund des Zinseszinssystems. Der Euro ist aber das zerbrechlichste Glied, da er eine Reihe von Konstruktionsfehlern hatte, die nun sein Ende herbeiführen. Eine neue Deutsche Mark ohne Golddeckung wird uns auch nicht retten, aber das ist ein anderes Thema. Mir ging es heute nur einmal um die gebetsmühlenartig wiederholten Pro-Euro-Argumente, die klar widerlegbar sind.