Donnerstag, 21. Juni 2012

Anne Will - Ich will nicht (mehr die Pro-Euro Platitüden hören)


Anne Will und ich will nicht mehr diese Platitüden über den ach so wichtigen Euro hören.

Gestern bin ich einmal wieder bei der Talkshow Anne Will "hängengeblieben", bei der es einmal wieder um die Eurokrise ging. Nicht dass ich mir dort irgendwelche neuen Informationen versprochen hätte, zumal auch niemand annähernd Kompetentes wie z.B. ein Prof. Hankel oder ein Dirk Müller dabei war. Es kamen aber wieder eine Reihe dieser "Argumente" der Euro-Befürworter, die ich jetzt einmal beleuchten möchte. Jeder, der diese Platitüden in einer Diskussion zu hören bekommt, kann dann entsprechend auf belegbaren Fakten basierend kontern. Ich würde das auch zu gerne einmal in einer solchen Talkshow machen, aber die Chancen dazu sind wohl eher gering - selbst Prof. Hankel wird kaum noch eingeladen, weil dann die Gegenseite argumentativ zu sehr in die Defensive gerät.

Gehen wir die typischen Aussagen der Befürworter doch einmal durch:
  • Deutschland hat von dem Euro am meisten profitiert
Das ist das Totschlageargument, mit dem alle immer wieder daherkommen. Primär bezieht sich das auf die Exporterfolge, die wir angeblich nur durch den Euro erzielen konnten. Dann schauen wir uns doch einmal die Vergangenheit an:

Die drei führenden Exportländer seit 1982 (der Euro kam 2001, 1999 als Buchgeld)

Jahr 1. Platz               Mio. US$       2. Platz         Mio. US$ 3. Platz       Mio. US$
1982 USA 216.442 BR Deutschland 176.424 Japan 138.385
1983 USA 205.639 BR Deutschland 169.417 Japan 146.965
1984 USA 223.976 BR Deutschland 171.735 Japan 169.700
1985 USA 218.815 BR Deutschland 183.933 Japan 177.164
1986 BR Deutschland 243.326 USA 227.158 Japan 210.757
1987 BR Deutschland 294.369 USA 254.122 Japan 231.286
1988 BR Deutschland 323.323 USA 322.427 Japan 264.856
1989 USA 363.812 BR Deutschland 341.231 Japan 273.932
1990 Deutschland 421.100 USA 393.592 Japan 287.581
1991 USA 421.730 Deutschland 402.843 Japan 314.786
1992 USA 448.163 Deutschland 430.042 Japan 339.885
1993 USA 464.773 Deutschland 380.096 Japan 362.244
1994 USA 512.627 Deutschland 426.935 Japan 397.005
1995 USA 584.743 Deutschland 523.461 Japan 443.116
1996 USA 625.073 Deutschland 524.649 Japan 410.901
1997 USA 689.182 Deutschland 512.891 Japan 420.957
1998 USA 682.138 Deutschland 543.752 Japan 387.927
1999 USA 695.797 Deutschland 543.539 Japan 417.610
2000 USA 781.918 Deutschland 551.810 Japan 479.249
2001 USA 729.100 Deutschland 571.645 Japan 403.496
2002 USA 693.103 Deutschland 615.831 Japan 416.726
2003 Deutschland 751.560 USA 724.771 Japan 471.817
2004 Deutschland 909.887 USA 814.875 China 593.326
2005 Deutschland 970.914 USA 901.082 China 761.953
2006 Deutschland 1.108.107 USA 1.025.967 China 968.978
2007 Deutschland 1.321.214 China 1.220.060 USA 1.148.199
2008 Deutschland 1.446.172 China 1.430.693 USA 1.287.442
2009 China 1.201.612 Deutschland 1.120.041 USA 1.056.043
2010 China 1.577.824 USA 1.278.263 Deutschland 1.258.924
2011 China 1.898.600 USA 1.480.646 Deutschland 1.473.889
 Quelle: World Trade Organization: Time Series on international trade

Man kann schön ersehen, dass der Euro keinerlei Einfluss darauf hatte, dass Deutschland immer im Spitzentrio dabei war. Das geht übrigens bis 1953 zurück. Tatsächlich konnten wir uns zeitweise nach der Euroeinführung auch auf Platz 1 setzen, was aber nicht nur auf den Euro zurückzuführen ist.

Damit fällt aber auch gleich das nächste Argument der Euro-Gläubigen:
  • Mit der D-Mark wären wir nicht mehr konkurrenzfähig
Bis 2001 waren wir mit der D-Mark auch mehr als konkurrenzfähig im Weltmarkt, warum soll das nicht wieder so sein ?
Deutschland spielt nicht im Billigsegment, die Stärke sind Produkte, welche sich durch Innovation und Qualität auszeichnen, technisch immer in Führung liegend. Insbesondere im Investitionsgüterbereich bezahlen die Kunden gerne einen höheren Preis, wenn Sie durch die besseren Produkteigenschaften höhere Umsätze und Gewinne für ihr Geschäft erzielen. Das war in der Vergangenheit nachweislich so und wird auch wieder so sein. Ein gutes Beispiel, an dem man auch ersehen kann, dass der Preis bei bestimmten Produktkategorien nur eine untergeordnete Rolle spielt, ist die Firma Apple. Obwohl die Produkte im Hochpreissegment liegen, sind die Absatzzahlen schwindelerregend und Apple ist das erfolgreichste Unternehmen weit und breit.
Sollte eine aufgewertete zukünftige D-Mark ein Produkt verteuern, gibt es zusätzlich noch den abmildernden Effekt, dass sich zur Herstellung benötigte Rohstoffe und Komponenten sowie die Energie verbilligen, sofern diese importiert werden. Letzeres ist aber heute in vielen Bereichen noch stärker der Fall, als in der Zeit vor der Euro-Einführung. Von daher wird man sich sicher anstrengen müssen, weiterhin führende Produkte zu liefern, aber dann sollte der Export auch weiterhin sehr erfolgreich bleiben. Eine kleine Delle ist natürlich nicht auszuschliessen, diese wird dann größer werden,  wenn es in der Welt immer weniger Käufer gibt, die sich aufgrund der Schuldenproblematik und Rezession weltweit überhaupt noch etwas leisten können. Das hat aber nichts mit Euro oder D-Mark zu tun.

  • Durch den Euro hat Deutschland besonders viel innerhalb Europa absetzen können
Ich möchte gar nicht bestreiten, dass Deutschland in den letzten Jahren insbesondere mit den südeuropäischen Ländern sehr gute Geschäfte gemacht hat. Aber waren diese Geschäfte wirklich so gut ? Man hatte billiges Geld und gab es gerne aus. Nur woher kam eigentlich das Geld ?

Stellen Sie sich vor, neben Ihnen macht ein Bäcker auf und Sie kaufen ihm jeden Morgen zehn Brötchen ab und lassen es anschreiben. Hunderte anderer Menschen machen es ebenso. Jeden Abend ist der Bäcker ausverkauft, also muss er doch sehr erfolgreich sein, oder ?
Natürlich hilft ihm das wenig, alle Produkte immer "verkauft" zu haben, wenn er dafür nur wertloses Papier in Form von Schuldscheinen hat. Während das bei einem Bäcker sehr schnell offensichtlich wird, ist das bei den europäischen Volkswirtschaften durch das Target-2 System deutlich verdeckter. Auch erhält der Hersteller des Produkts sein Geld und ist glücklich. Bezahlt wurde es aber letztendlich von der deutschen Bundesbank, die nun eine entsprechende Forderung gegen die EZB hat, diese wiederum gegen die jeweilige Zentralbank des Käuferlandes. Diese Forderungen der Bundesbank haben sich mittlerweile auf über 700 Milliarden Euro aufgeschichtet; am Ende des Tages haben die meisten europäischen Käufer bei Deutschland "anschreiben" lassen.
Glauben Sie wirklich, wir sehen das Geld jemals wieder ? Am Ende des Tages haben wir einen Großteil unserer Exporterfolge in Europa selbst bezahlt.

  • Der Euro garantiert den Frieden in Europa, ohne ihn kann es wieder Krieg geben
Der Frieden wurde durch die europäischen Verträge, die europäische (Wirtschafts-)Gemeinschaft aber nicht durch den Euro gefestigt. Im Gegenteil, aktuell zeigt sich der Euro als Spaltpilz, der sogar die Gefahr von Kriegen wieder erhöht. Der Euro ist eine Schönwetterwährung und solange es allen gut ging, war Friede, Freude, Sonnenschein. Seit zwei Jahren erleben wir nun in den Massenmedien der einzelnen Länder Auseinandersetzungen, die lange überwunden geglaubt waren. Der Deutsche ist auf einmal wieder böse, die Griechen sind faul und vieles mehr. Die Politiker giften sich an, Grenzkontrollen kommen immer öfter wieder auf die Tagesordnung, aber der Euro bringt nur Freude und Frieden...

  • Der Euro hat uns niedrige Inflationsraten gebracht
Das ist kein Witz, es wurde gestern tatsächlich behauptet. Ich musste erst einmal lachen, denn der Teuro ist mittlerweile für jeden ersichtlich. Allein die Preise im Restaurant haben sich in den 10 Jahren Euro verdoppelt, bzw. Sie zahlen heute den Preis in Euro, den Sie früher in DM gezahlt haben. Wenn wir einmal die Computer und Fernseher aussen vor lassen, kann von Preisstabilität keine Rede sein. Natürlich wird mit dem "Warenkorb" des statistischen Bundesamtes der offizielle Wert gedrückt, in dem er jedesmal "angepasst" wird. Auch die DM hatte ihre Zeiten mit höherer Preissteigerung, aber im Gegensatz zu fast allen anderen Währungen der Welt war sie knochenhart. Die Versprechungen, dass der Euro ebenso würde, hätten vielleicht gehalten werden können, wenn die Stabilitätskriterien eingehalten worden wären. Da diese aber allesamt gebrochen wurden, ist die Härte der Währung natürlich auch nicht mehr gegeben.

  • Ein Ausstieg aus dem Euro würde XXX Milliarden Euro kosten, die Welt untergehen lassen, etc.
Es wird kein Zuckerschlecken werden, keine Frage. Es bleibt allein die Frage nach der Alternative ? Immer mehr kommen nun Aussagen, dass der Euro noch so ca. drei Monate hätte, wenn nicht endlich die Lösung gefunden würde. Es wurde aber leider bisher nicht auch nur ein Lösungvorschlag präsentiert, der ansatzweise eine Chance hätte, etwas wirklich an den Problemen zu beheben.
Die "Lösung" durch eine Vergemeinschaftung der Schulden noch weitere machen zu können, bringt bestenfalls noch ein wenig mehr Zeit. Da aber nun auch Deutschlands Kreditwürdigkeit unter Druck kommt, wird wohl nicht einmal das noch lange weiterhelfen. Die Alternative ist dann der ungeordnete Crash des Euro.

Wenn man ein totes Pferd reitet, sollte man absteigen !

Um es einmal ganz klar zu sagen: der Euro ist nicht das Problem unseres Finanzsystems, es ist die weltweite Verschuldung aufgrund des Zinseszinssystems. Der Euro ist aber das zerbrechlichste Glied, da er eine Reihe von Konstruktionsfehlern hatte, die nun sein Ende herbeiführen. Eine neue Deutsche Mark ohne Golddeckung wird uns auch nicht retten, aber das ist ein anderes Thema. Mir ging es heute nur einmal um die gebetsmühlenartig wiederholten Pro-Euro-Argumente, die klar widerlegbar sind.